Telematikinfrastruktur: Herausforderungen, Lösungen und Zukunftstrends im Überblick
Ab dem 1. Juli 2025 müssen auch Pflegeunternehmen verpflichtend an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden sein. Doch welche technischen und organisatorischen Herausforderungen ergeben sich daraus für Pflegedienste – und wie lassen sich diese lösen? Fabio Zielke, Head of Marketing und Sales der Telekonnekt GmbH, gibt im Interview einen Überblick über aktuelle Entwicklungen, erklärt, worauf Pflegeanbieter bei der Auswahl der TI achten sollten, und wagt einen Blick auf die Zukunft der digitalen Vernetzung im Gesundheitswesen.

Wie bewerten Sie die aktuelle Situation der Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen? Welche technischen oder organisatorischen Hürden sehen Sie derzeit?
Fabio Zielke: Aktuell ist das wichtigste Thema der TI die erfolgreiche Umsetzung der ePA4all, die zum dritten Quartal dieses Jahres verpflichtend für alle Leistungserbringer zum Einsatz kommt. Nach erfolgreichen Tests in den TI-Modellregionen können Millionen Versicherte künftig digital ihre Patientendaten einsehen und managen. Dies wird langfristig für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ein echter Gamechanger werden. Herausforderungen bestehen hier aktuell insbesondere in der Implementierung der ePA in den Primärsystemen der Hersteller.
Welche Herausforderungen bestehen für Leistungserbringer in der Pflege in Bezug auf die Einführung der TI – insbesondere bei der Auswahl geeigneter TI-Komponenten?
Fabio Zielke: Für die Pflege bestehen die größten Herausforderungen aktuell in der Beschaffung der benötigten Ausweise eHBA und SMC-B. Diese sind die Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Anbindung an die TI. Des Weiteren gibt es für die Pflegeeinrichtungen zu beachten, dass man bei der Auswahl des TI-Partners neben den finanziellen auch die technologischen Aspekte des Anbieters betrachtet. Wir raten grundsätzlich zur Nutzung des TI-Gateways damit man langfristig zukunftssicher aufgestellt ist.
Welche technologischen bzw. strategischen Entwicklungen finden in der TI aktuell statt?
Fabio Zielke: Auf Seiten der Anbieter ist mit dem TI-Gateway die aktuell neueste Generation des TI-Anschlusses für Leistungserbringer im Markt verfügbar. Diese ersetzen langfristig den Einsatz der Einboxkonnektoren, von denen viele zum Jahresende auslaufen. Nach aktueller Planung werden Einboxkonnektoren, die nicht die neueste ECC-Verschlüsselungstechnologie unterstützen, nicht mehr zugelassen. Weitere Produkte wie der TI-Messenger und mobile TI-Lösungen befinden sich in Vorbereitung und werden voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte verfügbar sein.
Wie gut funktioniert das Zusammenspiel des TI-Gateways mit bestehenden Systemen und wie ist es um die Sicherheit der neuen Technologie bestellt?
Fabio Zielke: Das TI-Gateway ist grundsätzlich mit allen Verwaltungssystemen und Basis-Softwares (Windows, Apple, Linux, Serverumgebung oder Einzelarbeitsplatz) kompatibel. Technische Komplexität ergibt sich häufig aus der lokalen IT-Umgebung, da diese bei allen Leistungserbringern stark heterogen und teilweise nur eingeschränkt zugänglich ist.
Welche Anwendungsfelder eröffnen sich dadurch? Wie kann insbesondere die Pflege davon profitieren?
Fabio Zielke: Gerade große stationäre Pflegeeinrichtungen mit vielen Standorten profitieren stark von der Möglichkeit einer zentralen Anbindung an das TI-Gateway. Auch in kleineren ambulanten Einrichtungen wird durch die hohe Flexibilität der Technologie die Anbindung stark vereinfacht. Künftig können mobile Lösungen die Arbeit, gerade ambulanter Träger, weiter vereinfachen.
Wie unterstützt Telekonnekt seine Kunden bei der Einführung und Nutzung moderner TI-Technologien?
Fabio Zielke: Wir verstehen uns als Full-Service-Anbieter und bieten von der kostenlosen und unverbindlichen Erstberatung, über die Installation, bis hin zur täglichen Servicierung alles an, um die Leistungserbringer bei der Anbindung an die TI zu unterstützen.
Welche Pläne verfolgt die gematik aktuell? Halten Sie diese für realistisch?
Fabio Zielke: Es gibt Pläne der gematik mit fixen Daten wie die Anschlussverpflichtung der Pflege (01.07.2025) oder der Heil- und Hilfsmittelerbringer (01.01.2026). Diese sind sehr ambitioniert und mit Blick auf den aktuellen Stand der Anbindungen und der noch zu installierenden Leistungserbringerinstitutionen, eher nicht realistisch einzuhalten.
Wie könnte die TI in fünf Jahren aussehen? Welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Fabio Zielke: Wir hoffen, dass wir in fünf Jahren zumindest keine Einboxkonnektoren mehr im Feld sehen werden und die Anbindung rein über Software-Anbindungen erfolgt. Auch mobile Lösungen werden vermehrt im Einsatz sein und die letzten physischen Relikte (Heilberufsausweise, Identitätskarten und Gesundheitskarten) der TI 1.0 werden vermutlich vermehrt durch hardwarelose Alternativen abgelöst worden sein.
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Glossar Telematikinfrastruktur
ePA4all: Die „ePA für alle“ (auch ePA4all genannt) ist die neue elektronische Patientenakte, die seit dem 29. April 2025 bundesweit in Deutschland verfügbar ist. Im Unterschied zur bisherigen ePA wird sie automatisch für alle gesetzlich Versicherten angelegt, sofern diese nicht widersprechen (Opt-Out-Verfahren).
eHBA: Der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) ist eine Chipkarte, die Angehörige der Heilberufe (z. B. Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Apotheker) eindeutig als solche ausweist und ihnen den sicheren Zugang zur Telematikinfrastruktur (TI) ermöglicht.
SMC-B: Die SMC-B-Karte (Security Module Card Typ B), auch Praxisausweis oder Institutionsausweis genannt, ist eine Mikrochipkarte, die medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen, Apotheken, Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern den sicheren Zugang zur Telematikinfrastruktur (TI) ermöglicht.
TI-Gateway: Das TI-Gateway ist eine moderne, softwarebasierte Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) im deutschen Gesundheitswesen, die den bisherigen lokalen Konnektor vor Ort ersetzt. Dabei verbindet sich die medizinische Einrichtung (z. B. Arztpraxis, Apotheke, Pflegeeinrichtung) über eine sichere VPN-Verbindung mit einem Rechenzentrum eines zertifizierten Anbieters, in dem ein sogenannter Highspeed-Konnektor betrieben wird. Dieser stellt den sicheren Zugang zur TI her.
Einboxkonnektor: Ein Einboxkonnektor ist eine kompakte, hardwarebasierte Komponente, die kleine medizinische Einrichtungen wie Einzelpraxen, Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern mit der Telematikinfrastruktur (TI) verbindet.
ECC-Verschlüsselungstechnologie: Die ECC-Verschlüsselung (Elliptic Curve Cryptography) ist eine moderne Methode, um Daten besonders sicher zu schützen.
TI-Messenger: Der TI-Messenger ist ein sicheres und schnelles Kommunikations-Tool für das Gesundheitswesen in Deutschland. Er ermöglicht Ärzten, Pflegekräften, Apothekern und anderen Gesundheitsberufen, wichtige kurze Nachrichten wie Rückfragen zur Medikation oder Laborbefunde in Echtzeit auszutauschen.
gematik: Die gematik ist die zentrale Organisation in Deutschland, die für den Aufbau, Betrieb und die Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur (TI) verantwortlich ist.